Die Freien Demokraten luden jetzt zum Kreisparteitag ins Haus der Siegerländer Wirtschaft ein. Der Kreisvorsitzende Peter Hanke nahm direkt zum Beginn klar Stellung zu den „unsäglichen Auftritten der Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer“ und kritisierte deren Haltung im Ukrainekonflikt scharf. „Würde die Ukraine aufhören sich zu verteidigen, wäre das kein Frieden, sondern ihr ENDE. Unser „NIE WIEDER“ bedeutet auch, dass der Angriffskrieg als Mittel der Politik nicht zurückkehren darf. Deshalb müssen wir die Ukraine weiter entschlossen, auch mit Waffen unterstützen!“ Zumindest, unterstellte Hanke, wisse Wagenknecht sehr wohl was sie tue, „fassungslos machen jedoch unüberlegte Äußerungen von Außenministerin Annalena Baerbock.“ In einer Debatte des Europarats in Straßburg hatte sie den Europäern geraten, weniger untereinander zu streiten und stattdessen die Menschenrechtsverletzungen durch Russland in den Mittelpunkt zu stellen. „Soweit, so gut“, betonte Hanke, „wenn sie nicht hinzugefügt hätte, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland.“ Das russische Staatsfernsehen nutzte den Fauxpas sofort und sprach aufgrund der Begriffsverwirrung von einer Kriegserklärung. „Auch wenn das faktisch natürlich keine Kriegserklärung darstellt, bleibt ein Satz, welcher der Außenministerin schwer verrutscht ist. Ein Fehler, der auch dann nicht passieren sollte, wenn man frei in englischer Sprache formuliert.“ Im Beisein der Ehrenvorsitzenden Helga Daub und der Landtagsabgeordneten Angela Freimuth konnte der Parteichef in der Folge auf ein sehr aktives Jahr zurückblicken. Auf mehr als 160 Termine – im Rechenschaftsbericht aufgelistet – kam er, an denen der Kreisverband gefordert war.

Ein echtes sozial- oder öko-liberales Projekt gibt es derzeit nicht!

Das Abstrafen beim Landtagswahlkampf steckt den Freien Demokraten noch in den Knochen. Kreistagsfraktionschef und Parteivize Guido Müller machte deutlich: „Die Hoffnung auf ein spannendes sozial-liberales oder öko-liberales Projekt gibt es aktuell nicht mehr. Derzeit ist die Aufgabe der FDP auf Bundesebene das Schlimmste zu verhindern. Unsere Wähler sind durch und durch bürgerlich, dem müssen wir Rechnung tragen.“ Immerhin hat die Partei weiter die Zustimmung ihrer Mitglieder. Trotz vier Todesfällen und einiger Kündigungen, mehrheitlich mit der Bundespolitik begründet, konnte man auch viele Neueintritte verzeichnen. Die aktuelle Mitgliederzahl bleibt stabil und identisch zum letzten Jahr. 282 Mitglieder zählt der heimische Kreisverband. Damit ist er, nach dem Märkischen Kreis, zweitgrößter Kreisverband in Südwestfalen. 21 neue Mitglieder kamen im letzten Jahr dazu. Vor allem junge Menschen fanden den Weg in die Partei. Auch Kreisschatzmeister Carsten Weiand konnte gute Zahlen aufweisen. Trotz der Kosten des Landtagswahlkampfes bleibt der Kassenbestand konstant, was nicht zuletzt dem guten Spendenaufkommen der Mandatsträger zu verdanken ist, aber auch einer sparsamen Ausgabepolitik. „Im Grunde wären wir eine ideale Blaupause für die Haushaltsplanung im Bund“, merkte Weiand süffisant an. Die Delegierten bedankten sich bei ihm auf besonderer Weise und stimmten einstimmig für eine neue Finanz- und Beitragsordnung. Die Abgabenerhöhung soll vor allem der Stärkung der Kampagnenfähigkeit des Landesverbandes dienen.

Neuer Landesfachausschuss Europa, Internationales und Verteidigung kommt

Die Mitglieder des Kreisverbandes diskutierten an diesem Abend sehr lange und durchaus kontrovers. Bereits beim letzten Kreisparteitag berichtete der interne Arbeitskreis Bundeswehr, unter Leitung des stellvertretenden Kreis- und Bezirksvorsitzenden Dr. Andreas Weigel, über mögliche neue Ansätze in der Verteidigungspolitik. Hier vor Ort waren die Liberalen sich einig, dass es dringend auch ein weiterreichendes Forum Bundeswehr auf Landesebene brauche. In diesem Jahr hatten Hanke und Weigel für die Delegierten dann prompt auch eine Überraschung parat. Beide führten dazu über Monate parteiinterne Gespräche. Generalsekretär Moritz Körner stellte Hanke in dieser Woche in Aussicht, dass die Landesfachausschüsse zeitnah neu eingesetzt werden und dabei das Thema Verteidigung und Bundeswehr auch eine besondere Rolle spiele. „Natürlich“, so Hanke, „entsenden wir einen Repräsentanten des Kreisverbandes in den neuen Landesfachausschuss Europa, Internationales und Verteidigung.“ Im Ausschuss werden wir dafür streiten, dass der Landesfachausschuss direkt auch einen Unterausschuss zum Thema Verteidigung einsetzt, damit die Themen auch noch in der Tiefe beraten werden können.

Allgemeine Dienstpflicht? Ja oder nein?

Im Haus der Siegerländer Wirtschaft gab es auch eine Debatte, ob man einen verpflichtenden Dienst für das Gemeinwohl etablieren sollte. Die konkrete Ausgestaltung blieb jedoch sehr vage, auch weil die zumeist jungen Delegierten gute Argumente fanden, warum „eine Dienstpflicht nicht in unsere Zeit gehört“. Unter ihnen der neue stellvertretende Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen, Oliwier Slowik (16), die Siegenerin Fabienne Ihnken (26) und der stellvertretende Kreisvorsitzende Dr. Andreas Weigel (31). Sie meinten unisono: „Wir brauchen keine Pflicht! Jugendliche Land auf und Land ab engagieren sich bereits in unterschiedlichsten Vereinen, Freiwilligen Feuerwehren, in Freiwilligen Sozialen Jahren und damit für unsere Gesellschaft. Dies verpflichtend vorzuschreiben wäre ein Bärendienst an einer Generation – die wie keine andere – mit den Nachwirkungen der Corona-Krise zu kämpfen hat. Auch eine Vereinbarkeit mit liberalen Grundwerten, wie der Eigenverantwortung, der Leistungsbereitschaft und auch der Toleranz steht eine Verpflichtung im Grundsatz entgegen.“ Versammlungsleiter war der ehemalige Kreisvorsitzende Hans Peter Kunz. Mit Blick auf die Uhr vertagte Kunz die angeregte – und daher gute – Diskussion auf eine separate, zeitnahe Veranstaltung. Eine Richtungsentscheidung steht hier also noch aus. Erfreuliche Seitennotiz des Abends: Der Kreisverband der Jungen Liberalen konnte vergangenes Wochenende neu aufgestellt werden. Viele junge Menschen waren bei den Neuwahlen dabei. Ein gutes Zeichen für den Liberalismus in der Region.